Mit Gegenwind zur Klümpkesfabrik
Fahrradfahren habe ich im Harz gelernt. Da ist es bekanntermaßen bergig. Und da rollt man als lernender Radler schon einmal in einen Zaun oder knallt anfangs sonst irgendwie hin. Ich war damals 12 Jahre alt, und in dem Alter habe ich auch lautstark mitgesungen “wir lieben die Stürme, die brausenden Wogen, der eiskalten Winde raues Gesicht”. Rückblickend weiß ich, dass ich Null-Ahnung von dem hatte, was ich da sang, denn im Harz gibt es wohl Berge, aber an Wind kann ich mich nicht entsinnen, schon gar nicht an Gegenwind, nur an Berge und zermürbende Steigungen. Nun hat es mich an den Niederrhein verschlagen, den wir, also auch ich, gemäß Flyer per Rad zu entdecken versuchen.
Da gibt es keine Berge von der Sonsbecker Schweiz und den Testerbergen einmal abgesehen, bei denen die Kondition getestet werden kann; daher vielleicht auch der Name “Tester”. Es gibt hierzulande dagegen Wind, mitunter heftigen. Manchmal, wenn auch äußerst selten, bläst er von hinten, dann bin ich geneigt, das Lied anzustimmen. Nur ist es des Radlers Erfahrung, dass Wind im allgemeinen, wenn nicht sogar immer, von vorn kommend Widerstand leistet. Und da hört nun einmal die Liebe auf, besonders wenn das heftig wehende Lüftchen mit einem “eiskalten Gesicht” daherkommt. Weichei hin, Weichei her – da ist nix mehr mit Liebe!
Wir, die wir nun zu der Klümpkesfabrik in Rhede radelten, erlebten den Wind als entgegen wehend
und Widerstand leistend, als mehr oder weniger Beschwernis bereitenden Gegenwind, obgleich er aus Südost blies, zwar nicht so, dass er einen ins Gebüsch schob, wie NN, dem einmal solches widerfahren ist: Ihn habe der Wind sogar einmal vom Fahrrad gerissen! Das wusste er eindrucksvoll zu schildern. Jedenfalls hatten die ohne elektrisch betriebenen Hilfsmotor Radelnden Mühe mitzuhalten. Wie das? Verfügte des Fatrofüs Fahrgerät auch nicht über einen Hilfsantrieb und versuchte er schon gar nicht besondere Geschwindigkeitsrekorde aufzustellen und fuhr vielmehr ein gleich bleibendes Tempo?
Ganz einfach: Es ist der “Ziehharmonika-Effekt”. Es kommt z.B. ein stinkender, Raum greifender Gülle-Traktor entgegen, man muss dem ausweichen, und der Tross wird eine lange Schlange. Der Stinker ist vorbei, jeder versucht sich wieder einzusortieren. Auf einmal haben die am Ende Fahrenden keinen Windschatten mehr und müssen sich sputen, den Anschluss nicht zu verlieren, wobei doch der Fatrofü sein gemächliches Tempo beibehalten hat. Nicht ein drohender Hundebiss war für die Letzten und dazu Motorlosen das Problem, sondern der widrige Wind und dazu die notwendige Beschleunigung, durch die die Lust am Fahren gemindert wurde.
Immerhin hatten alle Gelegenheit, der der Gesundheit förderlichen Bewegung und Anstrengung mit diversen zuckersüßen Produkten den Klümpkesfabrik entgegen zu wirken. Wem das nicht reichte, hatte bei der Einkehr-Pause in Rhede dann noch die Möglichkeit sich Sahneteilchen und ähnliches einzuverleiben.