DINSLAKEN. Die Verwaltung schließt sich dem Antrag der Grünen an, die Besichtigung des Fahrradparkhauses erst nach dem Bürgerentscheid anzusetzen. Die Stadtverwaltung schließt sich dem Antrag der Grünen an, die geplante Dienstreise zur Besichtigung des „Radhauses“, eines Fahrradparkhauses in Offenburg zu verschieben. Darüber soll bei der heutigen Sitzung der Hauptausschuss befinden.
Vollautomatisiertes Fahrradparkhaus für 120 Räder
Geplant war, dass eine neunköpfige Delegation – bestehend aus sechs Vertretern der Politik und drei Vertretern der Verwaltung – von Sonntag, 15. April, auf Montag, 16. April, nach Offenburg fährt um sich das dortige „Radhaus“, ein vollautomatisiertes Parkhaus für 120 Fahrräder, anzusehen. Im Rahmen der geplanten Umgestaltung des Dinslakener Bahnhofsvorplatzes ist die Errichtung eines solchen Fahrradparkhauses angedacht, vergleichbare Fahrradparkhäuser seien in NRW nicht zu finden, so die Verwaltung.
Die Fahrt war bereits beschlossenZur „Bewertung eines praxistauglichen Einsatzes der geplanten vollautomatisierten Lösung ist die produktunabhängige Inaugenscheinnahme des ausgewählten Systems unabdingbar und Voraussetzung für die weitere Konkretisierung der Planung“, so die Verwaltung. Der Hauptausschuss hatte in der Sitzung am 13. März der Reise (Kosten: 2843 Euro) bereits zugestimmt. Die FDP, die seit dem Austritt von Mirko Perkovic allerdings keinen Sitz mehr im Stadtrat hat, sprach sich gegen die Fahrt aus. Die relevanten Informationen seien auch im Internet abrufbar, so Geschäftsführer Reinhard Claves.
Dann lehnte der Rat das Bürgerbegehren ab
Eine Woche später lehnte der Stadtrat das von der UBV unterstützte Bürgerbegehren zum Bahnhofsvorplatz ab. Weil es somit zu einem Bürgerentscheid kommt – Termin ist der 10. Juni – beantragten die Grünen die Verschiebung der Dienstreise. Das Ergebnis des Entscheids sei „noch völlig unklar“, so die Begründung, denn die Initiatoren des Bürgerbegehrens wollen die Parkplatz- und Verkehrssituation auf dem Bahnhofsvorplatz beibehalten.
Verwaltung verweist auf zeitliche Verzögerung
„Auch wenn die Planung und der Bau des Fahrradparkhauses mit der Fragestellung des Bürgerentscheides nicht unmittelbar in Verbindung stehen“, wie die Verwaltung in der Vorlage formuliert, schließe sie sich dem Antrag an, „um der grundsätzlichen Bedeutung des Bürgerbegehrens Rechnung zu tragen“. Gleichzeitig verweist sie aber „ausdrücklich auf die Wirkung der zeitlichen Verzögerung“ sowie auf die „grundsätzliche Notwendigkeit zur Stärkung alternativer Mobilitätskonzepte für das Bahnhofsareal“.
Falls sich der Bürgerentscheid durchsetze, müsse umgedacht werden
Sollten die Dinslakener dem Bürgerentscheid zustimmen und die Verkehrsführung dadurch beibehalten werden, sehe die Verwaltung auch durch den Bau des Fahrradparkhauses „nur bedingt eine Verbesserung der Unterstellmöglichkeiten für Fahrräder, da die Erreichbarkeit der Bahnhofsvorplatzes für den Radfahrer nach wie vor stark eingeschränkt wäre“ und eine „grundsätzliche Lösung für eine konzentrierte Unterbringung von Fahrrädern“ nicht möglich sei. An der Stelle würden insgesamt 600 Stellplätze für Fahrräder benötigt, die 120 im Fahrradparkhaus bereits eingerechnet.
Bleibe es bei der aktuellen Verkehrsführung, könnten mehrere dezentrale Unterstelllösungen möglicherweise sinnvoller sein, so die Stadtverwaltung – Fahrradboxen etwa. Diese brauchen aber mehr Platz – und seien „in der erforderlichen Anzahl nicht unterzubringen“, so die Stadtverwaltung.
Das ist das „Radhaus“ Offenburg
Die Stadt Offenburg hat das Fahrradparkhaus am Bahnhof 2013 gemeinsam mit der Firma Nussbaum nach dem Vorbild der Smart-Türme erstellt. Auf dem Dach betreibt das E-Werk Mittelbaden eine Photovoltaik-Anlage.
Das sogenannte Radhaus bietet auf einer Grundfläche von 55 Quadratmetern und einer Höhe von 10,5 Metern 120 Stellplätze und wird, so die Stadt Offenburg, hauptsächlich von Einpendlern genutzt. Täglich pendeln 30 000 Menschen ein – die Stadt hat bei gut 60 000 Einwohnern über 40 000 Arbeitsplätze. Ein Stellplatz kostet 60 Euro im Jahr. Derzeit ist das Radhaus ausgebucht. Ähnlich wie in Dinslaken soll auch das Bahnhofsumfeld überplant werden, so Wolfgang Reinbold, Sprecher der Stadt Offenburg. Im Zuge dieser Maßnahme ist auch der Bau eines weiteren Radhauses angedacht. Infos zum Radhaus gibt es auf www.ortenaulinie.de sowie auf www.offenburg.de . Eine Dokumentation des Baus sowie technische Daten sind auf www.nussbaum-technologies.de zu finden.
Kommentar
Voreiliger Beschluss
Dinslaken soll fahrradfreundlicher werden. Das ist gut. Auch ein Fahrradparkhaus am Bahnhof könnte das ständige Problem des Fahrraddiebstahls zumindest für diejenigen lösen, die – bleibt es bei dem Offenburger Vorbild – ein Jahresabo dafür buchen.
Dass dafür eine neunköpfige Delegation für zwei Tage nach Offenburg reist, hält die Verwaltung für unabdingbar. Die Bahnfahrt dauert pro Strecke mindestens viereinhalb Stunde. Und man setze sich schließlich nicht neun Stunden an einem Tag in den Zug, um dann eine Stunde lang etwas anzusehen, erklärte gestern Planungsdezernent Dr. Thomas Palotz der NRZ.
Dass diese Dienstreise noch vor der Abstimmung über das Bürgerbegehren beschlossen wurde, war voreilig und unsensibel und wird nun möglicherweise in der erneuten Sitzung des Hauptausschusses korrigiert.
Sollte die Reise verschoben werden, könnten sich die Ratsleute schon einmal auf den ausführlichen Infoseiten zu dem Projekt Radhaus im Internet umsehen. Und die Verwaltung hätte die Gelegenheit, möglicherweise preiswertere Bahntickets, als die ursprünglich gebuchten und bereits wieder stornierten zu bekommen. Nach Information der Fahrplanauskunft im Dinslakener Bahnhof ist die Reise für neun Personen für rund 600 Euro statt der geplanten 2000 Euro zu haben. (aha)
Quelle: Dinslaken: Dienstreise nach Offenburg soll verschoben werden